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Internetgeschichten Teil #10: Wie groß ist das Internet?

Daniel Andreas Becker 0

Das Internet ist ein weltumspannendes Computernetzwerk und hinsichtlich Teilnehmerzahl viel größer als die Erfinder es sich damals vorstellen konnten. Bekommen wir Probleme, weil die Weltbevölkerung und mit ihr die Anzahl der Teilnehmer am Internet immer schneller wächst? Wie viele Computer können überhaupt an das Internet angeschlossen werden? Im heutigen Beitrag thematisieren wir, warum das Internet zu klein geplant war und wie wir damit umgehen.

Internetgeschichten Teil #10: Wie groß ist das Internet?
(Image by Pete Linforth from Pixabay)

Wie sich das Internet zusammensetzt, haben wir ja in den ersten Teilen der Internetgeschichten beginnend mit Internetgeschichten Teil #1 – Was Restaurants und Computernetze gemeinsam haben schon thematisiert. Dabei ist immer wieder der Begriff der „IP-Adresse“ gefallen. Ihr erinnert Euch: Das ist die eindeutige Nummer, mit der man jeden Computer im Internet finden kann. Und ohne eine IP-Adresse kann kein Computer Bestandteil des Internets werden. Um zu erfahren, wie groß das Internet werden kann, muss man also nur wissen, wie viele mögliche IP-Adressen es gibt.

Aufbau von IP-Adressen

Die Entwickler des frühen Internets legten Anfang der 1980er Jahre fest, dass die IP-Adresse eine Zahl mit maximal 32 Binär-Ziffern (Bit) sein durfte, also 32 Ziffern bestehend aus Nullen und Einsen. Warum Computer mit Binär-Zahlen arbeiten, haben wir in Internetgeschichten Teil #9: Einfach erklärt: Das Ding mit den Nullen und Einsen (Das Binär-System) ausführlich erklärt. Wer schon einmal eine IP-Adresse gesehen hat, wird sich jetzt aber vielleicht wundern, denn in der Regel sehen IP-Adressen viel kürzer aus und beinhalten mehr als nur Nullen und Einsen. Die IP-Adresse von daniel-andreas-becker.de ist z.B. „217.160.0.169“. Das ist jedoch ledigliche eine kompakte Schreibweise der Nummer, mit der Menschen besser zurechtkommen. Die Binärschreibweise ist folgende (zählt ruhig nach, es sind 32 Bit): 11011001 10100000 00000000 10101001.

In der Kompaktschreibweise werden die 32 Binärziffern in vier Blöcke mit je 8 Ziffern unterteilt. Jeder Block wird dann in unser gewohntes Dezimalsystem umgerechnet:

  • 11011001 => 217
  • 10100000 => 160
  • 00000000 => 0
  • 10101001 => 169

Die größte Zahl in einem Block ist die 11111111. Umgerechnet zur Dezimalzahl ist das die 255. Die größte IP-Adresse ist also in Kompaktschreibweise 255.255.255.255 und nicht etwa 999.999.999.999 wie man auf den ersten Blick vermuten könnte. Die 0 mit eingerechnet ergeben sich demnach für jeden Block 256 verschiedene mögliche Zahlen. Über alle vier Blöcke sind das 256 · 256 · 256 · 256 = 4 294 967 296 verschiedene mögliche Kombination von IP-Adressen.

Zu klein geplant

Man kann sich geradezu vorstellen, wie Anfang der 1980er ein Entwickler den anderen fragt: „Mit 32 Bit kann man also maximal 4 294 967 296 verschiedene IP-Adressen vergeben. Meinst du, das reicht?“ Und die Antwort war vermutlich so etwas wie „Alter, es gibt doch gerade mal 100 000 Computer. Und auf der ganzen Welt gibt es vier Milliarden Menschen. Glaubst du etwa, dass jeder von denen irgendwann mit einem eigenen Computer in der Hosentasche herumläuft?“ Dann müssen beide herzlich gelacht und das Internet in Betrieb genommen haben.

Wegen Überfüllung geschlossen

Und nun leben wir mit der Beschränkung von vier Milliarden IP-Adressen. Noch um die Jahrtausendwende sah es auch nicht so aus, als würde das zu einem Problem werden. Doch allein die Tatsache, dass mittlerweile über 3,5 Milliarden Smartphones auf der Welt sich regelmäßig mit dem Internet verbinden und sich die Weltbevölkerung seither fast verdoppelt hat, macht klar: Da haben die Entwickler des Internets zu klein gedacht. Und in den letzten zehn Jahren wurden dann auch tatsächlich die letzten freien IP-Adressen vergeben. Das Internet, so wie es die Erfinder geplant hatten, war voll.

Kleine und große Netzwerke

Muss man sich jetzt Sorgen machen, dass das neu gekaufte Smartphone nicht mehr ins Internet kommt? Mittlerweile benötigen ja viele Dinge eine Internetverbindung: Fernseher, Spielekonsolen, ja sogar Kühlschränke und Türklingeln, wenn sie „smart“ sind. Natürlich hat man sich dafür etwas einfallen lassen. Bevor wir ins Detail gehen, erinnert Euch an Internetgeschichten Teil #2 – Wenn Herbert nach Welpen sucht. Dort haben wir gesehen, wie unser Datenfahrer Herbert vom Smartphone über das heimische WLAN zum Router gelangte und von dort in das Internet fuhr. Smartphones benötigen immer einen Router, das gilt auch für außerhalb der Wohnung. Statt über WLAN kommt die Verbindung dann über den Mobilfunk und den nächsten Sendemast zustande, aber das Prinzip ist das Gleiche.

Genaugenommen ist nur der Router Bestandteil des Internets, denn nur er hat dafür eine IP-Adresse. Smartphone, Notebook, Fernseher, Kühlschrank usw. bilden zusammen mit dem Router ein eigenes kleines Computernetzwerk, sozusagen ein Mini-Internet. Ein solches Netzwerk über einen begrenzten Raum, z.B. eine Wohnung oder ein Gebäude nennen wir „lokales Netzwerk“ bzw. englisch „Local Area Network“, kurz LAN. Wenn man eine kabellose Funkverbindung zwischen den Computern herstellt, dann reden wir von WLAN (englisch „Wireless Local Area Network“). Zur Abgrenzung vom Internet wird auch der Begriff „Intranet“ verwendet.

Auch im (W)LAN hat jeder Computer eine IP-Adresse. Diese muss nun aber nur innerhalb des kleinen Netzwerks eindeutig sein. Damit können Computer im (W)LAN der eigenen Wohnung die gleichen IP-Adressen haben wie die Computer im (W)LAN des Nachbarn oder sonst irgendwo auf der Welt. Schön und gut, doch wie können die Computer dann am Internet teilnehmen, wenn sie keine eindeutigen IP-Adresse haben? Dafür nehmen die Router eine wichtige Rolle ein. Denn der Router ist sowohl Bestandteil des (W)LAN als auch des Internets.

Router als Bindeglied zwischen (W)LAN und Internet

Der Router bietet dem Smartphone und allen anderen Computern einen Verleih-Service an. Er verleiht bei Bedarf seine eigene IP-Adresse immer wenn ein Computer im (W)LAN eine Anfrage an einen Server im Internet senden möchte. Für den Server im Internet sieht es dann so aus, als würde die Anfrage vom Router kommen. Das funktioniert auch, wenn mehrere Geräte im (W)LAN gleichzeitig eine Internet-Verbindung benötigen. Der Router verleiht seine eigene IP-Adresse dann mehrfach.

Der Router verknüpft ein kleines Netzwerk (LAN) mit dem Internet. Alle Geräte im LAN benutzen die IP-Adresse des Routers.

Er muss dabei aber ein Problem lösen: Wenn über den Router alle Anfragen an das Internet mit der gleichen IP-Adresse versendet werden, dann kommen auch alle Antworten aus dem Internet an diese eine IP-Adresse zurück. Der Router weiß nicht, an welches Gerät im (W)LAN er die Antwort weiterleiten muss. Der Trick ist, dass der Router beim Absenden der Anfrage an das Internet noch eine Nummer an seine eigene IP-Adresse anfügt, den sogenannten „Port“ (englisch für „Anschluss“).

Port-Weiterleitung

Der Port ist eine zusätzliche 16-stellige Binärzahl. Als Dezimalzahl geschrieben ist das eine Nummer zwischen 0 und 65 535. In der Kompaktschreibweise hängt man den Port hinten an die IP-Adresse an mit einem Doppelpunkt als Trennzeichen. Die Netzwerk-Adresse „217.160.0.169:80“ beinhaltet also einerseits die IP-Adresse „217.160.0.169“ und andererseits den Port „80“.

Wenn nun ein Gerät im (W)LAN eine Internetverbindung benötigt, nennt es dem Router eine Portnummer. Sollten zufällig zwei Geräte die gleiche Portnummer nennen, regelt der Router das und vergibt einem der Geräte eine andere eindeutige Portnummer. Anschließend leitet er die Anfrage an das Internet weiter mit der eigenen IP-Adresse und der Geräte-Portnummer. Der Server im Internet sendet die Antwort an IP-Adresse und Port zurück. Nun kann der Router anhand des Ports erkennen, wohin er die Antwort weiterleiten muss.

Dank dieses Tricks können wesentlich mehr Computer am Internet teilnehmen, als IP-Adressen vorhanden sind. Man spricht hier von Netzwerkadressübersetzung, englisch „Network Address Translation“, oder kurz NAT. Allerdings ist die Teilnahme eingeschränkt. Die Computer im (W)LAN können zwar Anfragen ins Internet schicken, aber umgekehrt sind sie nicht direkt erreichbar. Die Computer im Internet können ja nur den Router finden. Es ist daher eine Internetteilnahme zweiter Klasse, aber besser als nichts. (Wer sich jetzt fragt, wie man am Smartphone trotzdem aus dem Internet z.B. WhatsApp-Nachrichten empfangen kann, empfehle ich nochmal Internetgeschichten Teil #8 – Einfach erklärt: Die Technik hinter WhatsApp.)

Dynamische IP-Adressen

Durch NAT lassen sich also indirekt mehr Computer mit dem Internet verbinden als es dort eigentlich IP-Adressen zur Verfügung hat. Das war schon mal wichtig. Einen weiteren Trick haben sich die Internetanbieter wie die Telekom einfallen lassen. Sie geben jedem Kunden einen Router für die eigene Wohnung. Wie oben erläutert bekommt der Router eine IP-Adresse im Internet. Doch die Telekom hat gar nicht genügend IP-Adressen zur Verfügung, um jedem Router eine zu geben! Das hört sich erst einmal nach schmutzigem Geschäften an, funktioniert aber in der Praxis hervorragend.

Statt jedem Router eine feste IP-Adresse zuzuweisen, geschieht das dynamisch. Das heißt immer dort wo gerade ein Router „online“ geht, wird ihm eine neue IP-Adresse aus dem Vorrat der Telekom zugewiesen. Da nie alle Kunden gleichzeitig online sind, reicht der Vorrat aus. Es erinnert an einen Jongleur, der mehr Bälle in der Luft rotieren lässt als er mit zwei Händen halten könnte. So können die Internetanbieter mehr Computer am Internet teilnehmen lassen als IP-Adressen vorhanden sind.

Neue IP-Adressen

Die oben genannten Tricks durch NAT und dynamische Zuweisung dienten lediglich der Mehrfachverwendung der vorhandenen rund 4 Milliarden IP-Adressen. Doch das Internet wächst rasant weiter. Es gibt bald 8 Milliarden Menschen auf der Erde und die Vorstellung, dass nicht jeder Mensch mit einer eigenen Adresse in das Internet gehen kann, klingt nicht fair. Dazu kommt, dass immer mehr Dinge Computerchips in sich tragen und mit dem Internet verbunden werden. Autos, Rasenmäher, Herzschrittmacher, Uhren, Kinderspielzeug, Heizungen, Strommessgeräte und und und. Man spricht bereits vom „Internet der Dinge“.

Daher war eine Revolution notwendig, die Regeln mussten sich ändern. Diese Regeln hatten wie oben schon erwähnt die Entwickler des Internets in den 1980er Jahren festgeschrieben. Das gesamte Regelwerk, in dem steht wie lange eine IP-Adresse sein darf, welche Portnummern erlaubt sind und vieles mehr, wurde Internet-Protokoll genannt. Daher stammt die Abkürzung IP. Die ersten Versionen des Internet-Protokolls waren noch nicht praxistauglich. Erst mit Version 4 (kurz IPv4) konnte das Internet, wie wir es heute kennen, in Betrieb genommen werden. Um die Jahrtausendwende wurde das Internet-Protokoll jedoch weiterentwickelt und mit Version 6 (IPv6) wurde eine neue Art IP-Adressen festgelegt. Da man nicht einfach für die gesamte Welt von heute auf morgen ein neues Regelwerk verordnen kann, sind heute sowohl die alten IPv4-Adressen als auch die neuen IPv6-Adressen gültig.

Neben einigen anderen Verbesserungen ist die wichtigste Neuerung, dass die IPv6-Adressen nun 128 Bit lang sein können, also eine 128-stellige Binärzahl. Damit erhöht sich die Anzahl der verfügbaren IP-Adressen von 4 Milliarden auf rund 340 Sextillionen. Machen wir es deutlich, eine Sextillion ist ausgeschrieben: 1 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000. Das ist eine unvorstellbar große Zahl. Häufig wird gesagt, das man jedes Sandkorn auf der Erde mit einer Internetverbindung ausstatten könnte (wobei ich mich dann immer frage, wer die alle gezählt hat).

Neue Schreibweise

Leider geht uns allerdings auch die gewohnte Kompaktschreibweise verloren. Würde man wie bei den IPv4-Adressen vorgehen (also die Nullen und Einsen in Blöcke mit 8 Ziffern einteilen und zur Dezimalzahl umrechnen), wären das immer noch stolze 16 Blöcke. Für die IPv6 geht man daher etwas anders vor: Man teilt die 128 Nullen und Einsen in 8 Blöcke mit jeweils 16 Ziffern. Dann rechnet man jeden Block nicht in eine Dezimalzahl, sondern in eine Hexadezimalzahl um.

Was ist das jetzt wieder? In Internetgeschichten Teil #9: Einfach erklärt: Das Ding mit den Nullen und Einsen (Das Binär-System) haben wir gesehen:

  • Dezimalzahlen: Zehn Symbole (0, 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9) und jede Ziffer bedeutet „zehn hoch irgendwas“
  • Binärzahlen: Zwei Symbole (0, 1) und jede Ziffer bedeutet „zwei hoch irgendwas“

Bei Hexadezimalzahlen (zusammengesetzt aus griechisch „hexa“ = „sechs“ und lateinisch „decem“ = „zehn“) sind es 16 Symbole und jede Ziffer bedeutet „16 hoch irgendwas“. Bei den 16 Symbolen nimmt man die zehn bekannten Zahlensymbole und die ersten sechs Buchstaben des Alphabets. Das ergibt also folgende Symbole: 0, 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, a, b, c, d, e, f.

Man ersetzt also einfach die zweistelligen Zahlen 10 bis 15 durch einen Buchstaben. Eine Hexadezimalzahl könnte also zum Beispiel so aussehen: „e3da“. Eine Umrechnung in das gewohnte Dezimalsystem läuft dann wie folgt ab:
Umwandlung von Hexadezimalzahlen in Dezimalzahlen10 Einer, 13 Sechzehner, 3 Zweihundersechsundfünfziger und 14 Viertausendsechsundneunziger ergeben zusammen in Dezimalschreibweise 58330. Im Vergleich zur dezimalen Schreibweise benötigt man in der hexadezimalen Schreibweise weniger Ziffern.

Wenn man nun wie oben beschrieben die 128 Einsen und Nullen einer IPv6-Adresse in 8 Blöcke einteilt, ist die höchste Binärzahl in einem Block die Zahl „1111111111111111“. Hexadezimal geschrieben ist das kompakt „f000“. Auch daniel-andreas-becker.de hat zusätzlich zur oben genannten IPv4-Adresse eine IPv6-Adresse erhalten (inhaltlich haben die beiden allerdings nichts miteinander zu tun). Die IPv6-Adresse ist in „kompakter“ Schreibweise „2001:8d8:100f:f000:0:0:0:264“. Es wurde festgelegt, dass man die 8 Blöcke durch einen Doppelpunkt trennt und nicht durch einen einfachen Punkt wie bei den IPv4-Adressen. Damit lassen sie sich besser voneinander unterscheiden.

Reichen die neuen IP-Adressen aus?

Um diese Riesenzahl von 340 Sextillionen neuer IPv6-Adressen noch begreifbarer zu machen, stellt Euch folgendes vor: Wir bauen viele kleine Computer, jeder einen Millimeter lang und einen Millimeter breit. Jeder bekommt eine IPv6-Adresse. Dann können wir sie wie Fließen aneinanderlegen und die gesamte Erdoberfläche bedecken. Das wären etwa 510 Billionen solcher Mini-Computer. Dann haben wir aber erst ca. 0,0000000000000015% der verfügbaren IPv6-Adressen aufgebraucht.

Oder ein anderes Beispiel (speziell für Verschwörungstheoretiker): Nehmen wir an wir würde bei jedem einzelnen Menschen auf der Welt in jede einzelne Körperzelle einen Computerchip implantieren. Dafür benötigen wir nicht einmal 0,0000000000002% der verfügbaren IPv6-Adressen.

Nun ja, es sollte jedenfalls diesmal wirklich ausreichen. Aber das haben sich die Erfinder des Internets damals ja auch gesagt…


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